Und es funktioniert!
Die erstaunliche Geschichte der dipl. Ing. Fust AG 1966-2016
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Walter Fust ist einer der erfolgreichsten Detailhändler der Schweiz. Warum seine Karriere funktioniert hat und wie wichtig der «dipl. Ing.» für diese Erfolgsgeschichte war, beschreibt ein soeben erschienenes Buch zum 50jährigen Bestehen des Unternehmens.
«Ich gebe Dir höchstens ein Jahr», prophezeite Vater Fust, als sein Sohn am Eigerplatz in Bern sein erstes, kleines Geschäft für Waschmaschinen und Kühltruhen eröffnete. «Das war meine beste Motivation», sagt Walter Fust fünfzig Jahre später. Er hat die grösste Schweizer Kette für Elektro-Haushaltgeräte, Unterhaltungselektronik und Computer-Hardware aufgebaut und 2003 erfolgreich verkauft. Dieses Buch erzählt von einem Unternehmer, der immer eine Idee mehr hatte als andere und z.B. seinen Titel «Dipl. Ing.» als Markenzeichen für Servicequalität einsetzte. Freimütig spricht Walter Fust über seine Erfolgsgeheimnisse im Detailhandel, über Konkurrenzkämpfe und darüber, dass nie der Preis allein entscheidet. Besonders spannend ist die komplette Geschichte um Jelmoli und dessen goldenen Liegenschaftenbestand. Als einer der 300 reichsten Schweizer investiert Walter Fust heute in den Werkplatz Schweiz (Starrag, Tornos u.a.).
Leseprobe
Dreifaches Geschäft dank der Pleite des andern
Für Schadenfreude hatte Walter Fust keine Zeit, als sein schärfster Konkurrent Pleite ging. Er hatte es ja immer gewusst und den Lieferanten auch gesagt vor allem den Schweizer Waschmaschinenkönigen, die den ländlichen Fust auf der Latte hatten, den städtisch orientierten Rivalen aber belieferten. Oder die Hersteller der elektrischen Kleingeräte Jura, Turmix, Solis und wie sie alle hiessen die Fust mit ihrem jahrelangen Boykott daran hinderten, auch Bügeleisen, Kaffeemaschinen, Haarföns und elektrische Zahnbürsten anzubieten. Die ElektroMa-Läden dagegen quollen über von solcher Ware. Logisch war das nicht. Aber vermutlich wollten die Fabrikanten verhindern, dass der schnell wachsende Fust zum dominierenden Händler wurde und die Preisführerschaft errang. Zwei einander bekämpfende nationale Ketten waren den Herstellern, wenn schon, lieber als nur eine. Darum glaubten sie das vermeintliche Gegengewicht stärken zu müssen und brachten Fust wegen des eingeschränkten Sortiments bei der Kundschaft in Verlegenheit. ElektroMa wuchs denn auch vorübergehend schneller als Fust. Walter Fust regt sich heute noch auf, wenn er daran zurückdenkt.
«Ich rief Electrolux-Direktor Kurt Schläpfer an und fragte ihn: Warum beliefert ihr die? Ihr spinnt doch! Sie kalkulieren falsch und stützen sich nur auf Lieferantenkredite. Sie werden pleite gehen. Als Schläpfer mich einmal besuchte, schrieb ich ihm die mutmassliche Erfolgsrechnung meines Konkurrenten auf seine Schiefertafel und sagte ihm: Ich putze das nicht aus, bevor es die ElektroMa geputzt hat! Das war im Mai 1974.»
Noch im gleichen Jahr, am 21. November 1974, eröffnete das Konkursamt Zürich-Schwamendingen den Konkurs über die Firma ElektroMa. Alle 19 Filialen wurden geschlossen. 70 Mitarbeitende mussten um ihre Stelle bangen. Die drei Inhaber, der Vater und zwei Söhne, hatten sich ins Ausland abgesetzt. «Blick»-Reporter fanden sie in einer gemieteten Villa in Ostia bei Rom. Sie wurden später an die Schweiz ausgeliefert und vor Gericht gestellt. Zwei deutsche Geldgeber klagten wegen Kreditbetrug, Bilanzfälschung und ungetreuer Geschäftsführung.
In der Haushaltgerätebranche herrschte Hektik. Das war nun schon der zweite Schock in diesem Jahr. Im Sommer 1974 setzten die Folgen der Ölkrise der über zwanzigjährigen Hochkonjunktur vorübergehend ein Ende. Im Juni 1974 hatte der Bundesrat einen Kredit- und Baustopp verfügt. Das war ein Erdbeben für die vom Bau stark abhängige Grossgerätebranche und förderte das Umdenken auch bei den hartnäckigsten Boykotteuren unter den Lieferanten. Bald war ihnen jeder Umsatz recht, vor allem mit einem verlässlichen Zahler wie Fust. Nicht nur beim Bau brachen die Umsätze ein. Plötzlich hatten viele Konsumenten Angst und behielten ihr Geld in der Tasche. Walter Fust erinnert sich:
«Konkurrenzbeobachtung gehört zu den Aufgaben eines Unternehmers. Ich beobachtete, dass Konkurrent ElektroMa ab Sommer 1974 auf Abbruch arbeitete, das heisst teilweise unter den Einstandspreisen verkaufte, um möglichst viel Ware aus seinen wahrscheinlich überfüllten Lagern zu Bargeld zu machen. Aber die Fabrikanten belieferten ihn fröhlich weiter und unterstützten den Todeskandidaten. Als die ElektroMa-Besitzer abgehauen waren, hinterliessen sie im leeren Tresor einen Abschiedsbrief.»
Walter Fust sah die Gefahr, dass die Lager auf einen Schlag und ohne Rücksicht auf Verluste geräumt würden; das würde den Markt auf Monate hinaus lahmlegen. Und in der Tat: Das Konkursamt schritt schnell und rücksichtslos zur Verwertung der Aktiven. Lieferanten und Konkurrenten wurden aufgefordert, Pauschalangebote abzugeben. Am liebsten wäre es dem Konkursamt gewesen, wenn jemand das ganze Paket samt den laufenden Mietverträgen übernommen hätte. Von der Chance, das Angebot vertieft zu prüfen, konnte keine Rede sein. Walter Fust, der sofort sein Interesse bekundete, erhielt gerade mal eine halbe Stunde Zeit, um die Unterlagen anzuschauen. Diese umfassten fünfzig Bundesordner. Fust interessierte sich eigentlich nur für das Inventar und fand seine Vermutung bestätigt: Wer jetzt flüssige Mittel hatte, konnte mindestens drei gute Geschäfte auf einmal machen und in der Branche erst noch Ansehen gewinnen. Nach dieser halben Stunde wusste Fust: Hier muss ich zugreifen, das ist eine Chance, die nie wieder kommt!
Mitte Dezember reichte Walter Fust sein Angebot ein und legte den verlangten Kapitalnachweis bei. Es war eine Art Auktion, aber transparent war sie nicht. Fust erlebte hektische Vorweihnachtstage. Die Luft schwirrte vor Gerüchten. Jetzt riefen Fabrikanten wie Schläpfer beim erfolgreichen Händler an und baten: Kauf um Himmels Willen diesen ganzen Laden und lass die Ware dann langsam in den Markt hinein tropfen!
Nun boten sich auf einmal hervorragende Gelegenheiten, einmal in aller Ruhe und grundsätzlich mit den Herren Lieferanten zu reden, von denen mancher bei ElektroMa gerade hunderttausende, wenn nicht Millionen Franken verloren hatte, während Fust seine Rechnungen so schnell bezahlte, dass er noch Skonto abziehen durfte. Im Hintergrund drohte die einfache und brutale Idee des Konkursbeamten von Schwamendingen. Der kündigte an, das Zürcher Hallenstadion zu mieten und die gesamten Lagerbestände von ElektroMa zu Schleuderpreisen zu verticken und das mitten im Januarloch! Jeder konnte sich ausrechnen, dass damit das Geschäft des übrigen Elektrohandels, zumindest in der deutschen Schweiz, für Monate tot gewesen wäre.
In der Tat stellte sich später heraus, dass ein anderer Konkurrent einige hunderttausend Franken mehr bot als Fust, aber nicht in der Lage war, den geforderten Mittelausweis beizubringen. Dieser Ostschweizer Konkurrent pumpte übrigens ausgerechnet Fusts Vater für das fehlende Geld an, und der wäre angeblich sogar bereit gewesen, dem Kollegen auszuhelfen. Walter Fust erhielt Wind davon und schlug familienintern mächtig Krach. Ein anderer Interessent bot nur für den ElektroMa-Laden im Tessin, der Fust damals nicht interessierte. Er wusste,m wie komplex und teuer der Aufbau eines Geschäfts in einem neuen Sprachgebiet war. Das Tessin konnte warten.
Der vorsichtige Konkursbeamte entschied sich für Fust, auch weil dieser zusicherte, möglichst viele Filialen und Angestellte zu übernehmen. Am Dienstag, dem 24. Dezember fuhr Walter Fust nach Zürich. Kaum zu glauben, aber das Konkursamt arbeitete an diesem Tag bis an die Schwelle des Heiligen Abends! Walter Fust überreichte dem Beamten einen Check über 3,5 Millionen Franken und erhielt einen Ordner mit den Mietverträgen sowie etwa zwei Kilo Schlüssel. Dann fuhr er zurück nach Bern und legte sich ins Bett; er hatte nämlich seit Tagen Fieber, bis zu 40 Grad. Es wurde dennoch eine besonders schöne Weihnacht.
Mit dieser Übernahme machte Walter Fust nämlich tatsächlich drei blendende Geschäfte auf einen Schlag. Erstens besass er nun Ware im Verkaufswert von 12 bis 13 Millionen Franken. Alle Waren wurden, wie bei solchen Notverkäufen üblich, zu einem Drittel unter dem Einstandspreis losgeschlagen. Dazu kamen Geschäft Nr. 2 19 ElektroMa-Standorte, von denen 17 in den folgenden Wochen und Monaten in Fust-Niederlassungen umgewandelt wurden, ein Wachstumssprung ohnegleichen und zugleich die willkommene Stärkung des Filialnetzes vor allem in städtischen Agglomerationen.
Geschäft Nummer 3 durchschauten nur intime Branchenkenner. ElektroMa besass nicht nur Gabelstapler und Fahrzeuge, sondern auch rund 700 Laufmeter Kleingeräte-Ausstellmöbel: Gestelle, Vitrinen alles, was es brauchte, um endlich mit dem Verkauf von Kaffeemaschinen, Staubsaugern, Elektrorasierern, Mixern und Bügeleisen anfangen zu können, und zwar sofort. Was im Normalfall teuer und mit langen Liefeerfristen hätte eingekauft werden müssen, fiel Fust praktisch zum Nulltarif und sofort zu. Dieses Inventar gestattete es Fust, endlich in den Kleingerätehandel einzusteigen und damit die durch den Ölschock verursachten Umsatzausfälle bei den Grossgeräten zu kompensieren. Auf einmal war der jahrelange Kleingeräte-Boykott gegen Fust bei den einst so abweisenden Fabrikanten kein Thema mehr. Sie verstanden, dass die Machtverhältnisse geändert hatten. Die Garantieverpflichtungen von ElektroMa wurden von Fust mit besonderer Kulanz erfüllt, schliesslich hatte der «dipl. Ing.» ja einen Namen zu verlieren.
Mit seinem entschlossenen Eingreifen im Fall ElektroMa erwarb sich Walter Fust definitiv den Respekt der Branche, in die er knapp zehn Jahre zuvor als Kleinsthändler und (Bauern-)Hoflieferant eingetreten war. Der Konkurs von Elektro-Ma war so etwas wie ein Fanal, ein Mahnzeichen für die boomende und wohl auch manchmal überbordende Branche, in der Walter Fust am Anfang durchaus nicht willkommen war. Kurt Schläpfer, Marktteilnehmer und Beobachter über inzwischen fast vierzig Jahre hinweg, hat eine klare Meinung:
«Der Fall Elektro-Ma dürfte so etwas wie ein Wendepunkt gewesen sein. Seither gehört Fust zum inneren Kreis des schweizerischen Elektrogerätehandels. Die ganze Branche hatte Grund, ihm dankbar zu sein, weil er die überschüssige Ware vom Markt nahm und nach und nach in seine Kanäle einfliessen liess, statt sie auf einen Schlag zu verkitschen. Vor allem wurde diese Tiefpreis-Chilbi im Hallenstadion verhindert und die Ware auf die ganze Schweiz verteilt.»
Wobei Walter Fust keine Hemmungen hatte, seinen Vorteil auszunützen. Wann konnte er schon unschlagbare Tiefpreise anbieten und zugleich eine anständige Marge verdienen? Was sein musste, musste sein: Unmittelbar nach den Festtagen, die depressive Konsumentenstimmung hielt noch an, begann Fust in der damals noch regulären Ausverkaufszeit die Schweiz mit ElektroMa-Ware zu fluten. Der Marktanteil von Fust im Schweizer Elektrogerätehandel wurde das Bauwesen ausgeklammert damals schon auf mehr als 10 Prozent geschätzt.
Walter Fust übergeht die Frage nach Zahlen und Marktanteilen auch heute noch. Er hat sich nie an Branchen-Rankings, Umfragen und Markterhebungen, sei es von Nielsen oder GfM beteiligt. Sein Credo lautete: Solange sie uns unterschätzen, ist alles in Ordnung. Im übrigen hatte er die marktnahen Szenen lieber, etwa die aus der noch nicht einmal umfirmierten ElektroMa-Filiale im Migros-Zentrum von Avry-sur-Matran.
«Die Leute rissen uns das Zeug aus der Hand. An manchen Orten verkauften wir von der Rampe. In Avry-sur-Matran machten wir unvorstellbare Tagesumsätze. Das Geld wurde in Schuhschachteln aufbewahrt. Alle Garantien wurden normal geleistet. Der Elektrohandel wies gemäss der Statistik seines Fachverbandes Elektroapparate Schweiz im ersten Quartal 1975 ein Umsatzminus von 25 Prozent aus. Dank ElektroMa, die uns so oft geärgert hatte, machten wir dagegen in diesem schwierigen Jahr einen gewaltigen Umsatz- und Gewinnsprung. Der Reingewinn betrug 10 % vom Jahresumsatz. Der neue Umsatz mit den Kleingeräten hatte den rezessionsbedingten Ausfall bei den Grossgeräten ausgeglichen. Der Rückschlag kam erst im Jahr darauf. Es war der erste in der nunmehr zehnjährigen Fust-Geschichte, aber der war nur vorübergehend.»
Eugen Forster hat, was die Folgen des ElektroMa-Konkurses für Fust angeht, noch andere Beobachtungen gemacht:
«Seither wurden wir im Grossraum Zürich viel bekannte; unser Laden an der Langstasse bestand schon. Aber wir hatten auch eine Filiale im Jumbo Dietlikon. Wir inserierten und verkauften die Ware auf den Parkplätzen. Wir verteilten die Ware auf die ganzen Fust-Läden in der Schweiz. Und die Regale waren gratis. Zum Glück war es ein milder Winter, das Restwasser in den Waschmaschinen gefror nicht.»
1978 erreichte Fust zum ersten Mal die Marke von 100 Millionen Franken Umsatz. Fust war nun ein wichtiger Player im nationalen Detailhandel.
Gab es eine Wachstumsstrategie? Walter Fust muss lachen.
«Ich hatte keine Strategie, ich habe mich einfach immer nach der Decke gestreckt und auf die Signale aus dem Alltag reagiert. Ich wollte ein flächendeckendes Netz von Vertriebsstellen für elektrische Haushaltgeräte in der Schweiz. Grösse bedingte Wachstum und bedeutete mehr Kraft in der Werbung, d.h. weniger Streuverlust sowie, nicht zu vergessen, Einkaufsvorteile. Man konnte doch gleichsam zuschauen, wie sich das Konsumentenverhalten veränderte, wie die Leute mobiler wurden, sich im Werbefernsehen informierten, wie immer mehr Privatleute ein eigenes Telefon hatten. Sie würden Preise vergleichen und bereit sein, einen Umweg zu fahren, um günstiger einzukaufen. Dazu kamen unsere etwas biederen, ,provinziellen Standorte: Wir waren lieber unscheinbar und liessen uns zum Beispiel eher in Töss nieder als in der City von Winterthur. Unsere Werbekosten waren immer höher als die Mieten. Gute und folglich teure Lagen bringen in unserer Branche nämlich überhaupt nichts. Wir haben wenig Laufkundschaft, und unsere Kunden kommen nicht jeden Monat, um etwas zu kaufen. Verkaufen können Sie, wenn Sie gutes Personal haben, das kompetente Beratung bietet. Dann ist der Standort Wurscht. Wichtig war die ständige, penetrante Werbung; sie brachte die Interessenten in den Laden. Ich war der oberste Werber, da setzte ich die gleichen Prioritäten wie zum Beispiel Charles Vögele in seinen besten Zeiten. Von vier Besuchern verlässt in der Regel nur einer den Laden, ohne gekauft zu haben. Dazu kam: Keine Bank- und keine Lieferantenkredite. Keine, verstehen Sie? Wir waren nie der Billigste, denn der Billigste ist über kurz oder lang immer verschwunden. Das eiserne Prinzip lautete: Auf der Gewinnseite werden nie Kompromisse gemacht, die uns zwingen könnten, mit Fremdkapital zu arbeiten.»
Wer so schnell so gross wird, gerät auch ins Fadenkreuz der ganz Grossen. Wenn es um Standorte geht, namentlich in Gemeinschaftsunternehmen wie Shopping Centers, kommt die Firmendiplomatie zum Zug. Migros als stärkster Spieler im Schweizer Detailhandel war bei allen Standortprojekten, namentlich bei den Einkaufszentren, entweder als Mitträger oder als Ankermieter oder in beiden Funktionen dabei. Die Migros war für die Fust AG weder Freund noch Feind, weil sie eben in der Praxis nie eine einheitliche Firma war, sondern immer in Gestalt der regionalen Genossenschaften auftrat. Deren hohe Autonomie war für den vergleichsweise kleinen Fust Chance und Risiko zugleich. Und wie immer im Handel war alles von der Tagesform und der Opportunität abhängig. Manchmal schlug man sich, dann vertrug man sich wieder. Walter Fust:
«Je nach Genossenschaft haben wir es mit denen ganz gut gehabt, andere wollten uns nicht. Migros Aare Bern hat uns den Laden im Shoppyland gegeben, bis wir uns Coop annäherten. Dann wurden wir rausgeschmissen, was ich verstand. Es zog dort dann Saturn ein, was niemand verstanden hat. In den von Migros kontrollierten Zentren Glatt und Balexert dagegen sind wir immer noch.»
In den späten 1970-er Jahren etablierte Walter Fust in seiner wachsenden Organisation die wichtigsten Grundsätze, allen voran die Führung und Entschädigung der Verkäuferinnen und Verkäufer. Es galt der Grundsatz: Jeder Verkäufer ist ein weitgehend selbstständiger Kleinunternehmer. Er hat Entscheidungsbefugnis bei den Rabatten, spürt sie aber bei seinem Bonus. Denn seine Entschädigung besteht in einem Basislohn plus Umsatzbeteiligung, gemessen an der Zielvorgabe. Walter Fust:
«Der Chef in Oberbüren kann per IT bis auf die Filiale, den Artikel und den Verkäufer herunter Preise, Anzahl Verkäufe und Marge kontrollieren. Die Programme haben wir selbst entwickelt. Gute Verkäufer machen 2 Millionen Franken Jahresumsatz. Es gibt solche, die kommen noch höher, und verdienen 8000 bis 10 000 monatlich x 12 (= 6 % vom Umsatz.) Bei anderen Händlern kostet der Verkäufer 10 %. Es ist aber gut möglich, dass unser Mitarbeiter abends noch einen Kunden besucht. Sehr wichtig sind Transparenz und sofortige Information. Wenn der Verkäufer nach Hause geht, muss er wissen, ob er einen guten Tag gehabt hat oder nicht, und zwar in Zahlen.»
Was ist denn ein guter Verkäufer? Höflich soll er sein, nett, zuvorkommend, in vernünftigem Masse kompetent, kein Schwätzer. Viele Kunden kommen wegen der annoncierten Sonderangebote in den Laden. Sind sie aber einmal da, muss der Verkäufer fachlich so überzeugend sein, dass er die wirklichen Bedürfnisse des Kunden spürt und ihm das Gerät schmackhaft machen kann, das zu seinen Bedürfnissen passt und das in aller Regel mehr kostet und mehr Marge bringt. Weniger als ein Viertel des Fust-Verkaufspersonals sind Frauen eine ewige Baustelle! Etwa 30 Prozent sind Secondos und/oder Schweizer mit Migrationshintergrund, genau gleich wie die Kunden. Walter Fust:
«Ein guter Chef arbeitet mit und ist häufig der, der am meisten verkauft. Er ist voll integriert in die Tätigkeit der anderen und ist Vorbild bezüglich Umsatz und Leistung. Bei uns gibt es keine Häuptlinge, die nicht selber arbeiten. Der Filialleiter redet auch bei der Anstellung der Leute mit. Für 6-7 Filialen gibt es einen Regionalverkaufsleiter. Geführt wird dieser Chef über das Budget.»
Karl .html:
Und es hat funktioniert!
Die erstaunliche Geschichte der Dipl. Ing. Fust AG (1966 2016)
Neue Zürcher Zeitung NZZ Libro (Verlag), 220 S., Fr. 48.
978-3-03810-191-8 (ISBN)
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